Entfällt der Aufenthaltszweck, kann die Ausländerbehörde die Geltungsdauer des bereits erteilten Titels verkürzen: nachträgliche Befristung einer Aufenthaltserlaubnis.
Leider kommt es gerade bei binationalen Ehen nicht selten zur Trennung. Ist die Trennung nicht nur vorübergehend, fehlt für den Aufenhaltstitel „zum Zwecke der Familienzusammenführung“ das nötige Zusammenleben. Dann kann die Ausländerbehörde nachträglich den Aufenthaltstitel befristen. Eine Scheidung ist nicht erforderlich.
Beispiel – Befristung beim Ehegattennachzug bei Trennung
Die kamerunische Staatsangehörige Jesula hatte am 1. Mai 2015 den deutschen Kurt Müller in Kamerun geheiratet. Die Erteilung des Visums durch die deutsche Botschaft in Yaoundé zum Zwecke des Ehegattenvisums verzögerte sich. Jesula musste noch den Nachweis der deutschen Sprachkenntnisse (A1) erbringen. Hierzu hatte sie den Deutschkurs und die Prüfung beim Goethe-Institut absolviert.
Schließlich wurde das Visum erteilt und Jesula reiste am 1. November 2015 nach Deutschland. Am 9. Dezember 2015 erteilte die Ausländerbehörde einen Aufenthaltstitel zum Zwecke der Familienzusammenführung befristet bis zum 9. Dezember 2016.
Der Ehemann Kurt Müller hat zwischenzeitlich aus Frust über die Verzögerung eine andere Frau kennengelernt. Er trennte sich im Januar 2016 von Jesula und teilte dies der Ausländerbehörde mit.
Daraufhin schreibt die Ausländerbehörde Jesula Müller Ende Januar an: Die Behörde beabsichtigt (Anhörungsschreiben), den Aufenthaltstitel auf den 10. April 2016 zu befristen.
Nachträgliche Befristung der Aufenthaltserlaubnis
Die Ausländerbehörde kann den erteilten Aufenthaltstitel nachträglich befristen, § 7 Abs. 2 AufenthG.
Da Jesula das Schreiben der Ausländerbehörde nicht versteht, reagiert sie angesichts der Enttäuschung und Verzweifelung aufgrund der Trennung darauf nicht. Sie hat die Bedeutung des Anhörungsschreibens nicht erfasst und nimmt ihr Anhörungsrecht nicht wahr.
Am 15. Februar 2016 erhält Jesula per Ordnungsverfügung eine Befristung des Aufenthaltstitel auf den 10. April 2016. Gleichzeitig wird die Abschiebung angedroht.
Die Verfügung wird für „sofort vollziehbar“ erklärt. Dadurch kann der Aufenthalt auch dann beendet werden, wenn gegen die Verfügung Widerspruch bzw. Klage eingereicht wird. Eine rechtskräftige Entscheidung des Gerichts muss also nicht abgewartet werden: die Ausländerbehörde kann die Abschiebung ab dem 11. April 2016 einleiten.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit muss besonders begründet werden.
Hätte die Ausländerbehörde die Befristung nicht für sofort vollziehbar erklärt, so hätten Widerspruch/Klage aufschiebende Wirkung (vgl. R. Marx, Aufenthaltsrecht-Handbuch, 2015, § 7 Rn. 21). Dann müsste die Behörde das Rechtsmittelverfahren vor einer Abschiebung abwarten.
Anordnung des Sofortvollzugs (nur) bei nachträglicher Befristung
Anders als bei der nachträglichen Befristung ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung bei Ablehnung eines Antrages auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels nicht nötig. Der Grund: Widerspruch/Klage haben keine aufschiebende Wirkung, § 84 Abs. 1 AufenthG.
In dem Fall – aber auch im Fall der sofortigen Vollziehung – müsste beim Verwaltungsgericht im Eilverfahren die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung beantragt werden, um die Abschiebung zu verhindern. Im Verfahren müssten vor allem Abschiebehindernisse vorgetragen werden (z.B. Schwangerschaft, besondere Härte bei Rückkehr).
Erteilung / Verlängerung eines Titels nicht vergessen
Auch wenn es sich beim Verwaltungsgericht um ein „Eilverfahren“ handelt, können mehrere Monate bis zur Entscheidung vergehen. Wichtig ist dann darauf zu achten, dass noch vor dem 9. Dez. 2016 die Verlängerung – bzw. die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels beantragt wird. Andernfalls würde mit Ablauf des ursprünglich erteilten Titels, hier dem 9. Dez. 2016, wieder die Ausreisepflicht für Jesula entstehen – selbst wenn man das Rechtsmittelverfahren gewonnen hat!
Beispiel angelehnt an: Ausländerrecht für Studium und Beratung (Dorothee Frings, Elke Tießler-Marenda, 2015, S. 258).