Untätigkeitsklage

Ausländerbehörde / Botschaft untätig – vielleicht hilft eine Untätigkeitsklage?
Ausländerangelegenheiten sind keine Prioritäten der kommunalen Ausländerbehörden oder der Auslandsvertretungen. Schon seit Jahrzehnten sind diese daher unterbesetzt.

Nicht selten Vergehen Monate bis überhaupt ein Termin (gerade bei den Botschaften und Konsulaten) vergeben wird.
Aber auch die Bearbeitungszeiten bei den örtlichen Ausländerämtern ist unerträglich. Nicht selten vergehen Monate, bis Anträge auf die Erteilung eines Aufenthaltstitels bearbeitet werden.
Besonders ärgerlich ist, wenn nach Wochen und Monaten dann plötzlich weitere bzw. andere Unterlagen oder Nachweise verlangt werden. Zuweilen wird auch behauptet, ein förmlicher Antrag sei noch gar nicht gestellt.
Sicherlich auch wegen der höheren Zahl der Asylbewerber in 2015 ziehen sich Asylverfahren hin.

Überlastung der Behörde keine Entschuldigung

Die meisten Verwaltungsgerichte haben zurecht entschieden: Die permanente Überlastung der Behörde stelle keinen zureichenden Grund für die Untätigkeit bzw. Nichtentscheidung  dar.

Die Einschaltung eines Anwalts, der Untätigkeitsklage androht, kann zu einer Beschleunigung führen – aber auch das ist nicht garantiert. Daher wird sich in vielen Fällen die Untätigkeitsklage empfehlen. Das gilt insbesondere dann, wenn mit der späteren Erteilung rechtliche oder wirtschaftliche Nachteile entstehen. Dies ist der Fall bei fehlender Arbeitserlaubnis oder bei fehlenden Zeiten für die Niederlassungserlaubnis oder Einbürgerung.

Gerichtskosten trägt die Behörde

VG Gelsenkirchen: Beschluss vom 19.04.2010 – 16 K 1057/10: Auszug:

Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 161 Abs. 3 VwGO. Demnach fallen in den Fällen des § 75 VwGO die Kosten stets dem Beklagten [hier die Ausländerbehörde] zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.
Ein Fall des § 75 VwGO lag hier vor. Demnach ist die Klage abweichend von § 68 VwGO zulässig, wenn über einen Widerspruch oder einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist.

3 Monate grundsätzlich angemessene Frist

Ein solcher Fall lag hier vor. Der Beklagte hatte über den Antrag des Klägers vom 22. Oktober 2009 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden. Angemessen ist in der Regel eine Frist von drei Monaten, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falls eine kürzere Frist geboten ist (§ 75 Satz 2 VwGO) oder ein zureichender Grund dafür vorliegt, dass innerhalb von drei Monaten noch nicht entschieden worden ist (§ 75 Satz 3 VwGO).

Der konkrete Fall

Im vorliegenden Fall lag ein sachbescheidungsfähiger, nämlich vollständiger Antrag am 30. November 2009 vor -mit der Geburtsurkunde des Kindes, der Anerkennung der Vaterschaft durch den Kläger, der Zustimmung der Mutter zur Anerkennung der Vaterschaft des Klägers und der Erklärung über die gemeinsame Sorge. Der Beklagte hätte demnach über diesen Antrag bis zum 28. Februar 2010 entscheiden müssen. Ein zureichender Grund dafür, nicht bis zum 28. Februar 2010 zu entscheiden, lag nicht vor. Die Vaterschaft des Klägers zu dem Kind … stand nicht erst durch seine Eintragung in die Geburtsurkunde fest, sondern bereits aufgrund seiner Anerkennung der Vaterschaft mit notarieller Urkunde vom 6. Oktober 2009 (§§ 1592 Abs. 2, 1594 Abs. 4, 1597 Abs. 1 BGB) und der Zustimmung der Mutter zur Anerkennung der Vaterschaft mit notarieller Urkunde vom 3. November 2009 (§§ 1594 Abs. 1, 1595 Abs. 1 und 3, 1594 Abs. 4, 1597 Abs. 1 BGB). Hieraus ergibt sich zugleich, dass der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung am 11. März 2010 rechnen durfte. […]