Familiennachzug zu EU-Ausländern in Deutschland
Für Unionsbürger gilt das Kapitel zum Familiennachzug (§§ 27 ff AufenthG) des
deutschen Aufenthaltsgesetzes nicht. Für Unionsbürger gilt das EU-Freizügigkeitsrecht unmittelbar. Deutsche selbst sind hiervon grundsätzlich nicht erfasst (Inländerdiskriminierung), sofern er nicht freizügigkeitsberechtigt ist.
Privilegiert werden nicht nur die Unionsbürger selbst, sondern auch ihre Familienangehörigen – unabhängig von deren Staatsangehörigkeit.
Freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und ihre Familienangehörigen haben das Recht auf Einreise und Aufenthalt nach Maßgaben des Freizügigkeitsgesetzes/EU.
Familienangehörige müssen hier also die Voraussetzungen der §§ 3 und 4 FreizügG/EU erfüllen (§ 2 Abs. 2 Nr. 6).
Familienangehörige sind (§ 3 FreizügG/EU):
Ehegatte, eingetragene Lebenspartner,Verwandte in gerader absteigender (aufsteigender) Linie bis 21.
In gerader Linie sind nur Personen verwandt, die voneinander abstammen z.B. Eltern mit ihren Kindern, Großeltern, Enkel usw., nicht aber Verwandte in der Seitenlinie wie Geschwister, Neffen u.a.
Verwandt sind auch nicht Personen, die lediglich verschwägert sind.
Der Nachzug von drittstaatsangehörigen Familienangehörigen zu Unionsbürgern (EU-Bürger), die nicht zu den Familienangehörigen im Sinne des § 3 Abs. 2 FreizügG/EU gehören, bestimmt sich nach dem deutschen Aufenthaltsrecht, also den §§ 27 ff AufenthG.
Unterhalt gewähren, § 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU
Das Aufenthaltsrecht des Angehörigen ergibt sich aus einer tatsächlichen Situation, die dadurch gekennzeichnet ist, dass der Familienangehörige vom Aufenthaltsberechtigten unterstützt wird (EuGH, Urteil vom 8. November 2012 – C-40/11, Iida, Rn. 55). Dazu gehört eine fortgesetzte und regelmäßige Unterstützung in einem Umfang, der es ermöglicht, zumindest einen Teil des Lebensunterhalts regelmäßig zu decken. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteil vom 18. Juni 1987 – C-316/85, Lebon, Rn. 20) ist es nicht möglich, die Inanspruchnahme von Sozialhilfe als Indiz für eine mangelnde Unterhaltsgewährung anzusehen. Das Berufungsgericht hatte demnach zu klären, ob und inwieweit Verwandte der Klägerin während des maßgeblichen Zeitraums erwerbstätig waren und der Klägerin Unterhalt gewährten, vgl. BVerwG, Urteil vom 16.07.2015 – 1 C 22.14.
Drittstaatsangehörige Familienangehörige beim Nachzug zu Unionsbürgern
Die EU-Mitgliedstaaten dürfen den Familiennachzug zu Unionsbürgern nicht – über die europarechtlichen Vorgaben hinaus – erschweren.
- die Ehe muss nicht vor dem Nachzug bestehen
- Ort und Zeitpunkt der Eheschließung ist irrelevant
- es ist auch irrelevant, ob der Ehepartner vor der Ehe sich unerlaubt in einem EU-Staat aufhielt. Die Ehe mit einem Unionsbürger heilt somit einen illegalen Aufenthalt.
- Auch die Einreise ohne Visum führt nicht zu einem illegalen Aufenthalt, EuGH v. 27. 07.2002 – C-459/99 MRAX).
- A1 Sprachkenntnisse könne vor der Einreise nicht verlangt werden.
- Drittstaatsangehörige haben einen unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt.
Drittstaatsangehörige können ihr Freizügigkeitsrecht mit einer Aufenthaltskarte nachweisen.
Beispiel Nachzug eines drittstaatsangehörigen Ehegatten zum Unionsbürger in Deutschland
Beispiel Nachzug eines drittstaatsangehörigen Ehegatten zum Deutschen mit Freizügigkeitsrecht