Familiennachzug Dublin III – 6 Monatsfrist

Familienzusammenführung nach Dublin III-Verordnung – Überstellungfrist von 6 Monaten – Eilverfahren

Die Dublin-III-Verordnung findet Anwendung in Fällen, in denen die betroffenen Familienmitglieder in einem Dublin-Mitgliedstaat Flüchtlingsschutz beantragt haben.

Hierbei werden die nachziehenden Familienmitglieder in eines der Dublin-Mitgliedstaaten überstellt. Hierfür ist ein Frist von sechst Monaten vorgesehen.

Mit Beschluss vom 15.09.2017 hat das Verwaltungsgericht Wiesbaden (Az. 6L 4438/17.WI) Deutschland verpflichtet, bei den griechischen Behörden darauf hinzuwirken, die in der Dublin -Verordnung geregelten Überstellungsfristen von sechs Monaten bei der Zusammenführung von Familienangehörigen einzuhalten.

Im Fall hatte ein 17-jährige Flüchtling,  syrischer Staatsangehöriger,

Flüchtling Syrien erfolgreich Familienzusammenführung mit seinen Eltern und seinen jüngeren Geschwister in Deutschland beantragt.

Er hatte in Deutschland Flüchtlingsschutz und Asyl beantragt. Über den Antrag hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bislang nicht entschieden. Seine Eltern und drei jüngeren Geschwister befinden sich in Griechenland und durchlaufen dort das Asylverfahren. Sie hatten bei den griechischen Behörden die Familienzusammenführung in Deutschland beantragt. Diese hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge auch genehmigt.

Manchmal hilft nur klagen

Da die Frist von sechs Monaten für die Überstellung am 30. September 2017 abzulaufen drohte, stellte der Flüchtling am 1. August 2017 er einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht.
Das VG Wiesbaden erklärte, die Dublin -III-Verordnung setze eine strikte Frist von sechs Monaten für die Überstellung. Weil die Antragsgegnerin ausdrücklich eine Überstellung erst im Oktober und damit nach Fristablauf geplant habe, sei eine einstweilige Anordnung notwendig, um sicherzustellen, dass die Rechte des Antragstellers gewahrt würden.

Weil die Dublin-III-Verordnung dem familiären Zusammenhalt und dem Kindeswohl einen hohen Rang einräume, müsse es für den in Deutschland gestrandeten Antragsteller ein Recht auf Familienzusammenführung geben.

Gegen den Beschluss ist kein Rechtsmittel gegeben (§ 80 Asylgesetz).

Familiennachzug nach dem Aufenthaltsgesetz

Der Familiennachzug nach dem Aufenthaltsgesetz ermöglicht es – Anders als nach der Dublin III -Verordnung hingegen, dass Angehörige von ihrem Herkunftsstaat aus – hier etwa Syrien – legal in den Staat gelangen können, in denen das Familienmitglied Flüchtlingsschutz erhalten hat. Der Familiennachzug ist derzeit bis 16.03.2018 ausgesetzt.

Humanitäres Visum bei der Botschaft

EuGH – entscheidet: kein humanitäres Visum

Der Europäische Gerichtshof ist leider dem Schlussantrag nicht gefolgt und erkennt daher ein humanitäres Visum nach dem europäischen Gemeinschaftsrecht nicht an, EuGH Az. C-638/16.
Der Grund: europäische Recht betreffe nur die Entscheidung über zeitlich begrenzte Visa – also nicht für einen längeren Asyl-Aufenthalt.

Humanitäres Visum bei der Botschaft

Erfreulich ist der Schlussantrag des Generalanwalt Mengozzi, der ein humanitäres Visum vorsieht: Rechtssache C-638/16 PPU X und X / Belgischer Staat).

Nach Auffassung von Generalanwalt Mengozzi sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, ein humanitäres Visum zu erteilen. Das gelte, wenn bei einer Verweigerung Personen, die internationalen Schutz suchen, der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt werden würden.

Der Sachverhalt zum Asyl-Visum

Der Fall, der vom Europäischen Gerichthshof entscheiden wird:

Am 12. Oktober 2016 stellte ein syrisches Ehepaar und dessen drei Kinder, die in Aleppo (Syrien) leben, bei der belgischen Botschaft in Beirut (Libanon) Visumanträge.
Sie begehrten die Erteilung von Visa mit räumlich beschränkter Gültigkeit nach dem EU-Visakodex1, die es der Familie ermöglichen sollten, in Belgien einen Asylantrag zu stellen.
Einer der Antragsteller bringt vor, er sei von einer bewaffneten Gruppe entführt, geschlagen und gefoltert worden, bevor er schließlich gegen Lösegeld freigelassen worden sei.

Verfahren und bisherige Praxis der EU-Mitgliedstaaten

Am 18. Oktober 2016 lehnte das Ausländeramt (Belgien) die Anträge ab. Es ist der Ansicht, die betroffene syrische Familie habe aufgrund dessen, dass sie ein Visum mit räumlich beschränkter Gültigkeit beantragt habe, um in Belgien einen Asylantrag zu stellen, offensichtlich beabsichtigt, sich länger als 90 Tage in Belgien aufzuhalten.
Ferner seien die Mitgliedstaaten insbesondere nicht verpflichtet, alle Personen, die eine katastrophale Situation erlebten, in ihr Hoheitsgebiet aufzunehmen.

Die syrische Familie rief daher den Rat für Ausländerstreitsachen (Belgien) an und beantragte die Aussetzung der Vollziehung der Entscheidungen über die Ablehnung der Visumanträge. Dieses belgische Gericht hat im Eilverfahren beschlossen, dem Gerichtshof Fragen zur Auslegung des Visakodex sowie der Art. 4 („Verbot der Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung“) und 18 („Asylrecht“) der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vorzulegen.

Stellungnahme des Generalanwalts zum „Asyl-Visum“

Der Generalanwalt Paolo Mengozzi stellt in seinem Schlussantrag fest, dass die Situation der betroffenen syrischen Familie in den Regelungsbereich des Visakodex und damit des Unionsrechts fällt:

1 Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft, insbesondere Art. 25 Abs. 1 Buchst. a. 2 Gemäß Art. 1 Abs. 1 und 2 des Visakodex werden mit dieser Verordnung „die Verfahren und Voraussetzungen für die Erteilung von Visa für die Durchreise durch das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten oder für geplante Aufenthalte in diesem Gebiet von höchstens drei Monaten je Sechsmonatszeitraum festgelegt“.

Nach Art. 32 Abs. 1 Buchst. b des Visakodex wird das Visum verweigert, wenn begründete Zweifel an der vom Antragsteller bekundeten Absicht bestehen, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums zu verlassen.

Der Generalanwalt ist der Ansicht, dass die Behörden der Mitgliedstaaten verpflichtet sind, die in der Charta garantierten Rechte zu wahren.

Generalanwalt Mengozzi betont insoweit, dass die in der Charta verankerten Grundrechte den Adressaten (hier die Visa-Antragsteller) der von einer solchen Behörde erlassenen Rechtsakte unabhängig von jeglichem territorialen Kriterium garantiert sind.

Ein Mitgliedstaat sei verpflichtet, bei Vorliegen einer Situation, in der die durch Tatsachen bestätigte Gefahr eines Verstoßes u. a. gegen Art. 4 der Charta bestehe, ein humanitäres Visum auszustellen.

Empfehlung an den Europäischen Gerichtshof zum „Asyl-Visum“

Generalanwalt Mengozzi schlägt dem Gerichtshof vor, dem Rat für Ausländerstreitsachen wie folgt zu antworten,

dass ein Mitgliedstaat, von dem ein Drittstaatsangehöriger die Erteilung eines Visums mit räumlich beschränkter Gültigkeit aus humanitären Gründen begehrt, verpflichtet ist, ein solches Visum zu erteilen, wenn ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme vorliegen, dass die Verweigerung der Ausstellung dieses Dokuments zur unmittelbaren Folge haben wird, dass der Drittstaatsangehörige einer unter das Verbot des Art. 4 der Charta fallenden Behandlung ausgesetzt wird, und ihm dadurch eine rechtliche Möglichkeit vorenthalten wird, sein Recht, in diesem Mitgliedstaat um internationalen Schutz zu ersuchen, auszuüben.

Schlussanträge des Generalanwalts sind für den Europäischen Gerichtshof bei seiner Entscheidung nicht bindend. Nun gilt es abzuwarten, wie die Richter des Gerichtshofs entscheiden werden.

Der Fall betrifft die belgische Behörden. Bei deutschen Auslandsvertretungen dürfte aber nichts anders gelten.

Der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages hat sich auch zu der Entscheidung und dem humanitären Visum geäußert

Visum beantragen

Unterhalt für Flüchtlinge – mitdem Finanzamt abrechnen

Unter­halts­zahlungen an Flüchtlinge absetz­bar

Wer an Flücht­linge, die in Deutsch­land eine Aufenthalts- oder Nieder­lassungs­erlaubnis nach § 23 Aufenthalts­gesetz erhalten haben, Unterhalt zahlt, kann die Zahlungen als außergewöhnliche Belastungen von der Steuer absetzen, § 33a Abs. 1 EStG

Normaler­weise können Unter­halts­zahlungen nur abge­zogen werden, wenn der Unterstützer gegen­über dem Empfänger gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet ist. Das Bundes­ministerium für Finanzen macht aber eine Ausnahme, wenn Flüchtlinge unterstützt werden.

Sollten Sie eine Verpflichtungs­erklärung nach § 68 Aufenthalts­gesetz abge­geben haben und danach sämtliche Kosten des Lebens­unter­halts tragen, steht Ihnen auch der Abzug von außergewöhnlichen Belastungen zu (BMF-Schreiben vom 27.05.2015, Az. IV C 4 – S 2285/07/0003).
Diese Abzugs­möglich­keit gilt rück­wirkend ab dem 1. Januar 2013.

Folgende Höchst­beträge sind abzieh­bar:
2015: 8 472 Euro
2016: 8.652 Euro

Tipp: Sammeln Sie die Belege über geleistete Ausgaben für die unterstützte Person zur Vorlage beim Finanz­amt. Etwas anderes gilt, wenn Sie Flücht­linge in Ihrem Haushalt aufgenommen haben. Dann geht der Fiskus davon aus, dass Ihnen Unter­halts­aufwendungen in Höhe des Höchst­betrages entstanden sind.

 

Familiennachzug für Syrer: IOM-Programm

Das Flüchtlingsrat NRW hat auf ein Schreiben des Auswärtigen Amtes vom 14. Juli 2016 über Neuerungen beim Familiennachzug für Syrer hingewiesen.
Die Internationale Organisation für Migration (IOM) führt
ein Familienunterstützungsprogramm – „Family
Assistance Program (FAP)“ – für die Familienangehörigen
von in Deutschland anerkannten syrischen
Flüchtlingen durch.
Dieses Programm soll Antragsteller beim Visumsverfahren helfen und sicherzustellen, dass sämtliche notwendigen Dokumente
beim Visum-Termin vorgelegt werden können.

Die IOM-Zentren in Beirut und Istanbul haben ihre Tätigkeit
bereits aufgenommen, das Zentrum soll in Gaziantep
wird in Kürze folgen.
Durch den Besuch der IOM-Familienunterstützungszentren soll die Visumsbearbeitung und damit die Ausreise nach Deutschland
beschleunigt werden.

Dass die Auswärtige Amt die Hilfe der IOM in Anspruch nimmt, um die Visumsbearbeitung zu beschleunigen, ist erfreulich, denn bisher sind die Botschaften offenbar überfordert gewesen.
Als weitere Maßnahme sollte daran gedacht werden, auch ein weitere Zuständigkeit (Ersatzuständigkeit) bei den örtlichen Ausländerbehörden zu begründen.

Webseite des Auswärtigen Amts – Familiennachzug Syrien

Auf diese Weise soll zudem unseriösen Agenturen und Vermittlern Steine vermieden werden.

Spezielle Webseite des Auswärtigen Amtes für syrische Flüchtlinge und den Familiennachzug

Musterklage für Flüchtlinge aus Syrien

Der Bundesverband der Diakonie führt eine Musterklage für Flüchtlinge aus Syrien. Die Klage wurde von Rechtsanwältin Oda Jentsch erstellt.

Die Klage zielt auf die Anerkennung des gegenüber dem subsidiären Schutz besseren Status nach der Genfer Flüchtlingskonvention.

Musterklage für Syrier
Manchmal hilft nur klagen

Viele Syrer erhalten häufig nur noch den subsidiären Schutz anstelle einer Flüchtlingsanerkennung. Letzerer ist aber mit mehreren Vorteilen verbunden: etwa mit einem dreijährigen Aufenthaltstitel und der Erteilung des internationalen Flüchtlingsausweises. Vor allem kann aber auch der privilegierte Familiennachzug hilfreich sein.

Musterklage – Klageschrift

Mit der Teilklage (Muster-Klageschrift-Syrien) wird nur die Ablehnung der Flüchtlingsanerkennung „angefochten“.  Die Zuerkennung des subsidiären Schutzes soll erhalten bleiben.
Die Klage zielt darauf ab, dass das Gericht das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) verpflichtet, zusätzlich die Flüchtlingseigenschaft in Deutschland nach der Genfer Flüchtlingskonvention zuzuerkennen. Grund hierfür ist das Bestehen einer individuelle Verfolgungsgefahr.

Die Klage kann nur innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des BAMF Bescheides erhoben werden. Die Klage ist innerhalb von einem Monat nach Zustellung zu begründen.